Juliettes LiteraturWeb

Juliettes Literatursalon, Berlin


JL Video Dokumentation, 13:43 Min.



Zwei Jahre LeseTextMaschine de Sade

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Petra Wende: Zeichnungen zu Juliettes Literatursalon

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Juliettes Literatursalon (Inhaber Hartmut Fischer) war eine Berliner Buchhandlung, Verlag und Galerie mit einem außergewöhnlichen Programm an Veranstaltungen im historischen Scheunenviertel. Der Salon war von 1997 bis 2003 Treffpunkt und Impulsgeber der Künstlerszene in der neu boomenden Mitte von Berlin; ein originärer Ort (außerhalb von Institutionen) der Begegnung und des regen Austausches für einen gleichermaßen international wie interdisziplinär geprägten Kreis moderner Literaten, Theoretiker, Künstler und Schauspieler.

[Cornelia Saxe über Juliettes deutsch, english / français]
[Thomas Brasch über "Juliettes"]
[Peter Brasch über "Juliettes"]
[Dirk Hohnsträter über "Juliettes"]

Den Namen Juliettes Literatursalon verlieh Hartmut Fischer in Anspielung auf den über 4000 Seiten umfassenden Roman "Justine" und "Juliette" des Marquis de Sade und als Reminiszens an die Berliner Salonkultur des 19. Jhds. repräsentiert von Rahel Varnhagen, Henriette Herz und anderen.

Anfang der 1990er Jahren organisierte Fischer unter dem Label Juliettes Literatursalon in Tübingen Lesungen und erfuhr besondere Beachtung für seine umfassende Hommage an Hubert Fichte, dessen auf 19 Bände angelegtes Lebenswerk "Die Geschichte der Empfindlichkeit" mit hochkarätigen Veranstaltungen vorgestellt wurde. So gelang es Fischer, den spiritus rector der deuschen Literaturwissenschaft Hans Mayer für einen seiner seltenen öffentlichen Auftritte zu gewinnen. Ferner nahmen daran teil die Fotografin und Lebensgefährtin Fichtes Leonore Mau, der erste Prix Goncourt Preisträger aus dem Maghreb Tahar Ben Jelloun und der Kulturwissenschaftler Hartmut Böhme.

Nach seiner Gründung 1997 in Berlin wurde Juliettes Literatursalon innerhalb kürzester Zeit zum Treffpunkt einer aussergewöhnlichen Mischung von "Kulturschaffenden" in einem weiten Sinn . Schon im selben Jahr wurde mit Blixa Bargeld die Ausstellung und Katalog serialbathroomdummyrun realisiert. Dieser Verlagspublikation von Juliettes folgten noch 2 weitere Bücher von dem Autor und Regisseur Ivan Stanev Postskriptum(2000) und Villa Dei Misteri (2002).

Ebenso kurz nach Eröffnung hielt der Philosoph und marxistische Lacanianer Slavoj Zizek eine seiner ersten legendären Theorieperformances in Berlin.

Die Besonderheit von Juliettes Literatursalon drückte sich durch die anspruchsvolle Auswahl des kulturwissenschaftlichen Sortiments, der damit verbundenen Klientel aus Universitäten, Theatern und freien Künstlerszene und der außergewöhnlichen Veranstaltungen aus. So 1998 als der Schauspieler Peer Martiny für neun Tage und Nächte in dem Galerieraum die komplett neuübersetzten Essais des Michel de Montaigne rezierte.

1999 begab sich der Schriftsteller Peter Brasch für zwei Wochen in die Galerie um dort zu schreiben und zu zeichnen. Zu diesem entwickelte sich ein freundschaftliches Verhältnis ebenso zu dessen älterem Bruder Thomas Brasch. Mit diesem gab es bis zu dessen Tod immer wieder Überlegungen zu einer Edierung seines über 3000 Seiten umfassenden Projektes „Die Liebe und ihr Gegenteil oder Mädchenmörder Brunke”. Aus diesem, nach wievor zum größten Teil unveröffentlichtem Nachlass, verwirklichte Hartmut Fischer im Jahr 2005 (gefördert vom HauptStadtKulturFonds) eine dramatische Videoinstallation und Lesung mit Blixa Bargeld, Marion Brasch, Herbert Fritsch, Lars Rudolph, Otto Sander, Anna Thalbach und Angela Winkler.

Ab Mai 1999 initiierte Fischer dann einen einzigartigen LeseMarathon, der Juliettes Literatursalon spätestens ab diesem Zeitpunkt weit über Berlin hinaus bekannt machte. Es gelang ihm Literaten, Theoretiker, Künstler und Musiker zu einer über mehrere Jahre dauernden Performance des erstmals komplett ins deutsche übertragenen 4000 Seiten Romans Justine und Juliette von Marquis de Sade zu gewinnen bei der über die Lesung des Textes hinaus sich eine vielschichtige künstlerische und theoretische Auseinandersetzung entspann und so einen enormen kreativen Schub erzeugte. Die Teilnehmenden Persönlichkeiten lesen sich wie ein who is who der zu dieser Zeit massgeblichen Protagonisten sowohl der High- als auch Off-Szene Berlins. Einige dieser Protagonisten sind in dem von Fischer 2001 herausgegebenen Buch TheaterPeripherien versammelt, weitere seien hier genannt: Durs Grünbein, Katharina Thalbach, Hermann Treusch, Thomas Macho, Gerburg Treusch-Dieter, Martin Wuttke, Katharina Frank, Harry Hass, Olaf Nicolai, Heinrich Dubel, Peer Martiny, Ben Becker, Franca Kastein, Julia Regehr, Peter Brasch, Thomas Macho, Olaf Nicolai & Eshu, Michael Farin, Angela Winkler & Thomas Brasch, Koho Mori-Newton, Friedrich Kittler, Miron Zownir, Thea Dorn, Michael Pfister, Ambros Waibel, Stefan Hufschmidt, Katharina Franck, Andrea Jeremias & Harald Koch, Katharina Franck, Ulrike Haage, Cora Chilcott, Anna Stieblich & Henry Meyer, Franca Kastein Ferrera Alves, Rosa von Praunheim u.a.

Im November 2001 las der Neo-Pragmatiker Richard Shusterman aus seinem jüngst erschienenen Buch Philosophie als Lebenspraxis.